#43 Cost-Average-Effekt: Clevere Strategie oder teurer Mythos?

06.05.2025
Felix Niederer

Regelmässige Investitionen sorgen für einen günstigeren Durchschnittspreis – so das Versprechen. Ein langfristig aufgesetzter Sparplan ermöglicht einem, zu einem günstigeren Durchschnittspreis zu kaufen als bei einer Einmalanlage. So zumindest das Versprechen, das oft von Finanzunternehmen aufgestellt wird, um Anlegerinnen und Anlegern von ihrem Fonds-Sparplan zu überzeugen. Doch hält das Versprechen, was es sagt?

Die Idee hinter dem Cost-Average-Effekt klingt zunächst logisch: Durch regelmässige Investitionen in einem Sparplan profitieren Sie sowohl bei fallenden als auch bei steigenden Kursen. Ein Beispiel veranschaulicht dies: Ein Anleger investiert monatlich 100 CHF in einen Aktien-ETF. Im ersten Monat beträgt der Kurs 10 CHF, und er erwirbt zehn Anteile. Im darauffolgenden Monat sinkt der Kurs auf 5 CHF, wodurch er 20 Anteile kauft. Im dritten Monat steigt der Kurs wieder auf 10 CHF, und er erwirbt erneut zehn Anteile. Insgesamt hat der Anleger nach drei Monaten 40 Anteile für 300 CHF gekauft, was einem durchschnittlichen Preis von 7.5 CHF pro Anteil entspricht.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde der Anleger durch den fallenden Kurs einen günstigeren Durchschnittspreis erzielen. Doch die Frage bleibt: Führt dieser Effekt tatsächlich zu mehr Rendite oder reduziert er das Risiko langfristig?

Studien zeigen: Einmalanlagen schneiden besser ab

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass langfristig investiertes Kapital, also eine Einmalanlage, meist besser abschneidet als Kapital, das nach und nach investiert wird. Dies liegt daran, dass die Börse – insbesondere über längere Zeiträume – tendenziell steigt. Ein Anleger, der einen grossen Betrag direkt investiert, profitiert daher von der längeren Zeit im Markt. «Time in the market beats timing the market», um den US-Autor und Vermögensverwalter Ken Fisher zu zitieren.

Übrigens: investierte Wertschriften werfen auch Erträge in Form von Dividenden und Zinsen ab, und die schöpft man nur voll ab, wenn man von Anfang an ganz investiert ist.

Der renommierte Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Samuelson kritisierte den Cost-Average-Effekt bereits 1994 und bezeichnete ihn als «blunder, if not a crime» – also auf gut Deutsch: als «groben Fehler, wenn nicht gar als Verbrechen». Dies verdeutlicht die Skepsis, die viele Experten gegenüber dieser Strategie hegen.

Langfristige Daten belegen: Einmalanlagen sind häufig überlegen

Vor einigen Jahren hat ein Team von Morningstar untersucht, wie sich Einmalanlagen im Vergleich zu regelmässigen Investitionen (DCA-Strategie) in den letzten 100 Jahren (zwischen 1926 und 2019) am US-Aktienmarkt entwickelt haben. Dazu wurden regelmässige Investitionen mit Einmalanlagen über alle verfügbaren rollierenden Zeiträume zwischen 2 und 120 Monaten verglichen. In über 70% der Fälle war die Rendite der Einmalanlage besser als die der DCA-Strategie. Und je länger der Zeithorizont, desto besser die Einmalanlage.

Der psychologische Aspekt

Warum hält sich der Mythos des Cost-Average-Effekts dennoch hartnäckig? Ein wesentlicher Grund liegt in der Psychologie der Anleger. Viele Menschen zögern, eine grössere Summe auf einmal zu investieren, aus Angst, den falschen Zeitpunkt zu erwischen. Der Cost-Average-Effekt wirkt hier wie ein psychologisches Sicherheitsnetz: Anleger haben das Gefühl, bei fallenden Kursen «günstig nachkaufen» zu können und so schlechte Einstiegszeitpunkte auszugleichen. Diese Logik ist jedoch trügerisch, da das Marktrisiko unverändert bleibt – denn die nächste Korrektur oder der nächste Crash kommt bestimmt. Vielleicht morgen. Aber vielleicht erst in 5 oder 10 Jahren. Dann verstärkt Cost-Averaging resp. gestaffeltes Investieren den Verlust sogar.

Für wen eignet sich der Cost-Average-Effekt?

Obwohl der Durchschnittskosteneffekt keine Garantie für höhere Renditen darstellt, ist er in bestimmten Szenarien durchaus sinnvoll. Und zwar, wenn Anleger regelmässige ein Teil vom Einkommen investieren und auf diese Weise über Jahre hinweg Kapital aufbauen.

Wenn Sie jedoch bereits eine grössere Summe zur Verfügung haben, dann ist es in den meisten Fällen ratsam, diese direkt zu investieren. Auf lange Sicht profitieren Sie von der höheren Rendite, die eine Einmalanlage in der Regel bietet.

Etwas müssen wir dem Cost-Averaging aber lassen: Er ist allemal besser, als gar nicht investiert zu sein.

Wie investieren Sie? Alles auf einmal oder verteilt über mehrere Monate? Schreiben Sie mir eine E-Mail mit Ihrem Feedback.

Disclaimer: Wir haben für den Inhalt dieses Artikels grosse Sorgfalt angewendet. Trotzdem können wir Fehler nicht ausschliessen. Die Gültigkeit des Inhalts beschränkt sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Über den Autor

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Felix Niederer

Gründer und CEO True Wealth. Nach seinem ETH-Abschluss als Physiker war Felix erst mehrere Jahre in der Schweizer Industrie und darauf vier Jahre bei einer grossen Rückversicherung im Portfoliomanagement und in der Risikomodellierung tätig.

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