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Die «Sunk Cost Fallacy» ist selbst eine Fallacy

14.09.2023
Oliver Herren

Zeit, Geld oder Ressourcen investieren, obwohl es schon lange keinen Sinn mehr macht. Aber man will das bisherige Investment nicht verschwenden – also geht es weiter.

Die «Sunk Cost Fallacy» (auf Deutsch oft als Versunkene-Kosten-Falle bezeichnet) ist ein Phänomen, bei dem Menschen dazu neigen, weiterhin in ein Projekt oder eine Entscheidung zu investieren, nur weil schon Zeit, Geld oder Ressourcen investiert wurden. Und das ungeachtet der tatsächlichen Ergebnisse.

Das bedeutet, dass bereits getätigte Investitionen, die nicht rückgängig gemacht werden können (die «versunkenen Kosten»), unsere zukünftigen Entscheidungen unangemessen beeinflussen, obwohl sie eigentlich irrelevant sein sollten.

Ein harmloses Beispiel aus dem Alltag ist, wenn jemand ins Kino geht, merkt, dass der Film langweilig ist, er aber dennoch den ganzen Film zu Ende sieht, weil ja Geld dafür ausgegeben wurde.

Ein fatales Beispiel ist das Festhalten an einem Projekt. Wenn ein Unternehmen viel Zeit, Geld und andere Ressourcen aufwendet, um ein Projekt zu realisieren, das partout nicht funktionieren will, dann kommen oft Aussagen wie «Wir haben schon so viel investiert, wir können nicht aufhören.»

Die Kosten haben den Nutzen schon längst überschritten. Das nennt man Sunk Cost Fallacy.

Wie kommt die Sunk Cost Fallacy zustande?

Dies hat mehrere Gründe. Hauptsächlich liegt das daran, dass Menschen keine rein rationalen Entscheidungen treffen und wir oft von unseren Emotionen beeinflusst werden. 

Und das beginnt schon mit dem Ego. Wenn jemand in eine Aktie investiert und diese hält, obwohl eine andere Aktie mehr Sinn macht, dann müsste sich derjenige eingestehen, dass die ursprüngliche Entscheidung falsch war. Das wollen viele nicht.

Zusätzlich haben viele ein Gefühl der persönlichen Verantwortung. Etwas aufzugeben, was wir angefangen haben, fällt uns schwer. 

Die Sunk Cost Fallacy tritt auch aufgrund der Verlustaversion auf. Das bedeutet, dass der Einfluss von Verlusten für uns schlimmer ist als der Einfluss von gleichwertigen Gewinnen. Wir sind eher geneigt, Verluste zu vermeiden, als Gewinne anzustreben. Wir könnten das Gefühl haben, dass unsere frühere Investition «verloren» ist.

Das Hauptproblem ist der Optimismus

Optimismus ist gut. Ein unrealistischer Optimismus allerdings nicht. Menschen neigen dazu, sich zu überschätzen – vor allem ihre Gewinnchancen. Bei Verlustchancen ist es genau umgekehrt. Dieses Denken ist der Haupttreiber der Sunk Cost Fallacy. Aber ist Optimismus deswegen falsch? Nein. Sonst würde niemand mehr irgendwas machen. Und das ist meine Kritik an der Sunk Cost Fallacy.

Die Sunk Cost Fallacy selbst ist ein Trugschluss

Ich behaupte, dass die Sunk Cost Fallacy selbst eine Fallacy ist. Die Sunk Cost Fallacy Fallacy. Warum? Es ist nicht so einfach herauszufinden, ob man nun vergeblich investiert oder doch besser durchhält. Niemand kann in die Zukunft blicken und selbst Daten sind kein Garant dafür.

Nehmen wir Aktien. Es kann sein, dass Aktien über Monate extrem niedrig bewertet sind. Alles spricht dafür, dass das für immer so bleibt. Dann kommt eine News, die Aktie erholt sich und schon ist die Sunk Cost Fallacy entkräftet.

Oder Unternehmen bzw. neue Geschäftsmodelle. Hier gilt es ständig zu hinterfragen, zu kalibrieren, Neues zu testen und Schlüsse zu ziehen. Gerade am Anfang erfordert das viel Ausdauer. Aber wann ist die Mühe vergeblich? Manche arbeiten 7 Jahre und haben keinen Erfolg. Auf einmal kommt der Durchbruch.

Ein Extrembeispiel: Das James-Webb-Teleskop

Die Planung des James-Webb-Teleskops dauerte 20 Jahre und kostete 10 Milliarden US-Dollar. Alle Beteiligten standen mehrfach unter hohem Druck der Regierung. Doch am Ende ist das Projekt geglückt und das James-Webb-Teleskop konnte am 25. Dezember 2021 seine Reise ins Universum starten.

Heute ist es das modernste Teleskop, welches uns wertvolle Daten liefert, welche wir vorher nicht gewinnen konnten. 20 Jahre hat es gedauert. 20 Jahre der Gedanke an die Sunk Cost Fallacy. Zum Vorteil für die Menschheit gab das Team trotz öffentlichem Druck nicht auf.

Fazit

Elon Musk lässt sich von der Sunk Cost Fallacy nicht beirren und macht weiter. Egal, wie viele Raketen es nicht schaffen. Egal, wie viele Kritiker es gibt. Viele Unternehmer machen es so. Es geht auch gar nicht anders.

Ein gesunder Optimismus ist wichtig, denn wie sollen Start-ups sonst entstehen? Oder Erfindungen? Niemand würde das Risiko eingehen, etwas zu gründen, keiner würde noch etwas ausprobieren. 

Und das wäre fatal. Auch beim Investieren. Dennoch darf man die Sunk Cost Fallacy nicht verteufeln. Der richtige Umgang damit ist allerdings wichtig.

Disclaimer: Wir haben für den Inhalt dieses Artikels grosse Sorgfalt angewendet. Trotzdem können wir Fehler nicht ausschliessen. Die Gültigkeit des Inhalts beschränkt sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Über den Autor

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Oliver Herren

Oliver ist einer der Gründer des grössten Online-Shops der Schweiz: digitec.ch und ebenfalls vom aufstrebenden Online-Warenhaus Galaxus. Zusammen mit Felix hat er 2013 True Wealth AG ins Leben gerufen.

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