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#22 Die zweitwichtigste Anlageklasse: Obligationen

23.04.2024
Felix Niederer

Obligationen und Aktien werden von Anlageprofis oft gemischt. Was sind Obligationen genau? Wir schauen uns Obligationen als Anlageklasse genauer an, wägen ihre Vor- und Nachteile ab und analysieren, wie sie sich bei Zinsänderungen verhalten.

Aktien und Obligationen sind sehr gegensätzlich, abgesehen davon, dass es sich bei beiden Anlageklassen um Wertpapiere handelt. Während Aktien Wertpapier auf Eigenkapital darstellen, sind Obligationen Wertpapier auf Fremdkapital, sprich verbriefte Schuldtitel. Man nennt Obligationen auch Anleihen oder Rentenpapiere, auf Englisch «bonds». Eigenkapital muss nicht zurückbezahlt werden, Fremdkapital schon.

Der globale Obligationenmarkt umfasst ungefähr 130 Billionen Dollar und ist damit sogar leicht grösser als der Aktienmarkt. Ein Drittel des Obligationenmarkts setzt sich zusammen aus Schuldtiteln von Unternehmen und die restlichen zwei Drittel aus Schuldtiteln der öffentlichen Hand. Diese werden zu einem grossen Teil von souveränen Staaten emittiert, man spricht dann von Staatsanleihen oder Staatsobligationen. Im Fall der Schweiz als Schuldnerin spricht man von sogenannten «Eidgenossenoblis».

Wie funktionieren Obligationen?

Obligationen sind Schuldinstrumente, die von Unternehmen oder von der öffentlichen Hand emittiert werden, um Kapital aufzunehmen. Der Emittent verpflichtet sich dabei, dem Inhaber der Obligation regelmässige Zinszahlungen, auch Coupons genannt, zu leisten sowie am Ende der Laufzeit der Obligation deren Nennwert zurückzuzahlen.

Welche Arten von Obligationen gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Obligationen. Zu den vier wichtigsten Arten gehören Staatsanleihen, Unternehmensobligationen, hochverzinsliche Anleihen und inflationsindexierte Anleihen.

Hochverzinsliche Anleihen

Hochverzinsliche Anleihen, stellen eine Möglichkeit dar, eine höhere Rendite zu erzielen, sind jedoch mit einem erhöhten Risiko verbunden. Diese Anleihen werden von Emittenten, sei es von Staaten oder Unternehmen, ausgegeben, die ein beträchtliches Emittentenrisiko aufweisen. Dies bedeutet, dass es keine Gewissheit gibt, dass der Emittent den Zins und möglicherweise sogar den Nennwert zurückzahlen kann.

In der Regel erhalten Emittenten solcher Anleihen schlechte Bewertungen ihrer Kreditwürdigkeit von Rating-Agenturen. Dies führt dazu, dass sie die üblichen Bonitätserfordernisse nicht erfüllen können und das Ausfallrisiko für Anleger und Anlegerinnen erhöht ist. Um dieses Risiko auszugleichen, müssen diese Emittenten ihren Gläubigern höhere Zinsen zahlen.

Anleihen mit solchen Risiken werden in der Regel von Rating-Agenturen als spekulativ betrachtet. Investoren, die in hochverzinsliche Anleihen investieren, nehmen das Risiko in Kauf, dass sie ihr eingesetztes Kapital nur teilweise oder sogar überhaupt nicht zurückerhalten.

Inflationsindexierte Anleihen

Inflationsindexierte Anleihen bieten Anlegern eine Möglichkeit, sich gegen die Auswirkungen von Inflation zu schützen, indem der Zins und/oder der Nennwert an das Preisniveau gekoppelt sind. Dies bedeutet, dass der Emittent bei steigender Inflation entweder einen höheren Zins und/oder einen höheren Nennwert zurückzahlt.

Die Verzinsung und Rückzahlungsbeträge solcher Anleihen sind eng mit der aktuellen Inflationsrate verbunden. Dies bietet zumindest teilweise Schutz vor der Geldentwertung.

Merkmale von Obligationen

Die wichtigsten Merkmale einer Anleihe umfassen den Nennwert, die Laufzeit, die Zinskadenz und der Zinssatz.

Der Nennwert

Das allerwichtigste Merkmal ist der Nennwert, denn diesen erhalten Sie als Anleger oder Anlegerin am Ende der Laufzeit retour. Als Obligationen noch auf Papier gedruckt und physisch gehalten wurden, wurde der Nennwert auf die Obligation gedruckt. Funfact: Früher konnte man mit einer Obligation an einen Bankschalter gehen, den Coupon abschneiden und erhielt dann im Gegenzug den Zins. Deshalb heisst es auch heute noch Coupon, aus dem Französischen von «couper», was so viel wie «schneiden» bedeutet.

Die Laufzeit

Die zweitwichtigste Eigenschaft ist die Laufzeit der Obligation, auf Englisch auch «face value», oder «par value» genannt. Für die Dauer der Laufzeit musst der Inhaber oder die Inhaberin einer Obligation auf die Rückzahlung des Nennwerts warten. Typischerweise beträgt die Laufzeit etwas zwischen wenigen Jahren bis zu mehreren Jahrzehnten. Laufzeiten über 30 Jahre sind sehr selten, es gab in der Vergangenheit jedoch einige Ausnahmen. Argentinien, Mexiko und Österreich haben auch schon 100-jährige Obligationen emittiert, so auch Firmen wie Walt Disney und Coca-Cola. Diese sind jedoch mit einem extrem hohen Zinsrisiko verbunden.

Die Zinskadenz

Die Zinskadenz gibt an, wie oft Zinsen ausbezahlt werden. Beispielsweise jährlich, halbjährlich, oder quartalsweise. Es gibt auch Obligationen ohne Zinszahlungen, sogenannte «Zero-Coupon Bonds» oder Nullkuponanleihe.

Der Zinssatz

Der Zinssatz, auch Coupon genannt, definiert die Höhe der regelmässigen Zinszahlungen, die der Emittent den Anlegern und Anlegerinnen auszahlt. Er ist im Normalfall fix, kann aber auch variabel an einen Referenzzinssatz gebunden sein und wird immer als Prozent vom Nennwert definiert, nicht vom Ausgabepreis.

Wie verhalten sich Obligationen im Markt?

Obligationen werden oft, aber nicht immer, zu 100 Prozent des Nennwerts emittiert. Die Rückzahlung muss zum Nennwert erfolgen, ansonsten liegt ein Zahlungsausfall vor. Nach der Emission der Obligation ergibt sich ihr Kurs aus Angebot und Nachfrage auf dem Markt. Notiert eine Obligation zufälligerweise zum Nennwert, dann wird das als «pari» bezeichnet. Notiert die Obligation über dem Nennwert, dann notiert sie «über pari» und bei Kursen unter dem Nennwert notiert die Obligation «unter pari». Die zwei wichtigsten Einflüsse auf den Kurs einer Obligation sind das allgemeine Zinsniveau sowie die Bonität des Emittenten.

Beispiel: Eine Obligation mit einem Nennwert von 100’000 Franken, einer Restlaufzeit von 10 Jahren, einem Zinscoupon von 1%, also tausend Franken jährlich, bei einem Zinsniveau von 1%, hat einen Handelswert, der identisch ist mit ihrem Nennwert, also 100’000 Franken. Wenn nun aber das allgemeine Zinsniveau von 1% auf 2% steigt, verliert die Obligation an Wert, und ist nur noch rund 91’000 Franken wert. Also ein Kursverlust von fast 9%. Umgekehrt, wenn das Zinsniveau auf um 1% auf 0% fällt, steigt der Wert der Obligation auf 110’000 Franken, ein stolzer Kursgewinn von 10%. Bei einer Obligation mit kurzer Laufzeit wäre der Kursgewinn nur 1%. Bei einer Obligation mit langer Laufzeit von 30 Jahren wäre der Kursgewinn bei einer einprozentigen Zinssenkung 30%, bei einer einprozentigen Zinserhöhung entsteht ein Kursverlust von ungefähr 22%.

Wir sehen also, der Wert einer Obligation steigt, wenn das Zinsniveau fällt, und umgekehrt. Je länger die Restlaufzeit einer Obligation, desto stärker die Änderung. Das heisst, je länger die Laufzeit einer Obligation, desto stärker reagiert sie auf steigende Zinsen mit Kursverlust. Man nennt das Zinsrisiko, oder auch Zinsänderungsrisiko. Weil Obligationen mit längerer Laufzeit ein höheres Risiko haben, haben sie auch eine höhere Risikoprämie. Das erklärt, warum die Zinskurve normalerweise von links nach rechts ansteigend ist und dementsprechend länger laufende Obligationen üblicherweise eine höhere Rendite haben als kurz laufende Obligationen. Aber nicht immer. Es gibt auch Phasen, in denen es umgekehrt ist, sprich die Zinskurve von links nach rechts absteigend ist. Das heisst, langfristige Zinsen sind dann tiefer, als die kurzfristigen Zinsen, die von der Nationalbank vorgegeben werden. Eine solche Zinskurve nennt man eine invertierte Zinskurve.

Wenn Sie sich dafür interessieren: Unser Obligationenrechner illustriert, wie sich der Kurs einer Obligation ändert, wenn sich das allgemeine Marktumfeld ändert.

Ein zweiter wichtiger Risikofaktor neben dem Zinsrisiko, ist die Kreditwürdigkeit des Emittenten, auch Bonität genannt. Die Bonität von grossen Emittenten und Staaten wird von Ratingagenturen regelmässig bewertet. Die drei grössten Ratingagenturen sind S&P, Moody’s und Fitch. Jede Agentur verwendet unterschiedliche Bewertungsskalen. Bei S&P ist beispielsweise AAA die Bestnote und alles zwischen AAA und BBB ist sogenanntes «Investment Grade», sprich gute Bonität.

Summa summarum

Was müssen Sie als Anleger oder Anlegerin über Obligationen wissen? Sie müssen wissen, dass Obligationen eine sehr breite Anlageklasse darstellen. Von quasi risikofrei bis zu aktienähnlichem Risiko mit aktienähnlichen Renditen lässt sich in dieser Anlageklasse alles finden und sie sind sehr unterschiedlich. Mit Ausnahme von inflationsgeschützten Obligationen bieten Obligationen zwar keinen direkten Schutz vor Inflation, aber sie können Ihnen dabie helfen Ihr Portfolio zu stabilisieren und zu diversifizieren.

Der einfachste Weg, breit gestreut in Obligationen zu investieren, sind ETF. Inzwischen gibt es sehr viele Anleihe-ETF, die passiv einen Anleiheindex nachbilden. Ihre Vorteile liegen auf der Hand: geringe Kosten und hohe Diversifikation. Auch wir bei True Wealth verwenden ETF auf alle Subkategorien: auf Staatsanleihen, Unternehmensobligationen, hochverzinsliche und inflationsgeschützte Obligationen, je nach Risikoprofil.

Hat Ihnen dieser Artikel einen Überblick gegeben, oder haben Sie noch Fragen zum Thema? Schreiben Sie mir eine E-Mail.

Disclaimer: Wir haben für den Inhalt dieses Artikels grosse Sorgfalt angewendet. Trotzdem können wir Fehler nicht ausschliessen. Die Gültigkeit des Inhalts beschränkt sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Über den Autor

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Felix Niederer

Gründer und CEO True Wealth. Nach seinem ETH-Abschluss als Physiker war Felix erst mehrere Jahre in der Schweizer Industrie und darauf vier Jahre bei einer grossen Rückversicherung im Portfoliomanagement und in der Risikomodellierung tätig.

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