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Talk – Was ist Geld?

21.11.2023
Felix Niederer
Zu Gast: Dr. Adriel Jost, Ökonom und Fellow am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP)

In unserem heutigen Coffee Talk sprechen wir über ein faszinierendes Thema, das für die meisten von uns alltäglich ist, aber dennoch viele Rätsel birgt: Geld.

Zu Gast, Adriel Jost, Ökonom und ehemaliger Berater bei der Schweizerischen Nationalbank. Er wird uns dabei helfen, die Geheimnisse hinter diesem komplexen Thema zu entschlüsseln.

Welche Sorten von Geld gibt es?

Adriel: Die Antwort auf diese Frage ist komplexer, als es auf den ersten Blick erscheint. Es gibt tatsächlich zwei Arten von Schweizer Franken: Das Geld, das von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ausgegeben wird, und das von den Banken erzeugte Geld. Das SNB-Geld kann nur von Banken verwendet werden, da sie ein Konto bei der Nationalbank haben. Bargeld ist auch Teil des von der SNB ausgegebenen Geldes, spielt jedoch in der heutigen Wirtschaft eine geringere Rolle. Das Geld, das wir als Bürger und Unternehmen verwenden, befindet sich auf unseren Konten bei normalen Banken und entsteht, wenn Banken Kredite vergeben. Diese beiden Arten von Geld sind eng miteinander verbunden und spiegeln die Funktionsweise unseres Finanzsystems wider.

Der Zins und die SNB: Ein komplexes Zusammenspiel

Adriel: Die SNB zahlt den Leitzins, einen Zinssatz, den sie für kurzfristige Laufzeiten festlegt. Dies ist notwendig, da eine beträchtliche Menge an Nationalbankgeld im Umlauf ist. Die Banken erhalten diesen Zinssatz von der SNB vergüten, derzeit 1.75 Prozent. Dieser Zins ist ein wichtiger Mechanismus in unserem Finanzsystem, der die Geldversorgung und die Kreditvergabe beeinflusst.

Die Geldschöpfung der SNB

Adriel: Die SNB kann Geld «schaffen», indem sie einfach den Kontostand einer Bank bei der Nationalbank erhöht. Wenn die SNB Zinsen auf dieses Konto zahlt, erhöht sie einfach das Guthaben der betreffenden Bank. Dies ist der erste Schritt der Geldschöpfung. Wenn die Bank dieses Geld später an einen Mitarbeiter auszahlt, entsteht auch sogenanntes Bankengeld. Es ist wichtig zu verstehen, dass unser Geldsystem auf Vertrauen und komplexen Mechanismen beruht, die für die meisten Menschen im Alltag unsichtbar sind.

Das Nationalbankgeld, über das wir gesprochen haben, dient hauptsächlich dazu, den Geldaustausch zwischen den Banken zu erleichtern. Wenn Sie Geld von einer Bank zu einer anderen überweisen, geschieht dies automatisch über die Konten, die die Banken bei der Nationalbank führen. Diese Mechanismen sorgen dafür, dass alles reibungslos funktioniert.

Geld, Banken und implizierte Subventionen

Adriel: Es gibt auch andere Aspekte des Geldsystems, die oft übersehen werden. Eine interessante Tatsache ist, dass Banken implizite Subventionen erhalten. Laut meinen Schätzungen sind dies jährlich etwa 30 Milliarden Schweizer Franken. Diese Subventionen hängen mit der Tatsache zusammen, dass Banken einen Grossteil ihrer Finanzierung aus den Einlagen der Kunden erhalten. Da diese Gelder oft als sicher angesehen werden, sind die Banken in der Lage, sich zu günstigeren Konditionen zu finanzieren. Wenn es zu Problemen kommt, ist der Staat oft bereit, die Banken zu retten, um das Vertrauen der Kunden zu erhalten und die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten. Diese impliziten Subventionen machen es den Banken einfacher, sich zu finanzieren und beeinflussen somit die Wettbewerbsfähigkeit. Jeder von uns finanziert indirekt die Banken, indem er sein Geld auf Konten bei Banken hält. Dies zeigt, wie stark unser Alltag mit dem Finanzsystem verflochten ist.

Die Bedeutung der Finanzstabilität und der Rolle der Zentralbank

Adriel: Die Diskussion über die Finanzstabilität und die Organisation des Finanzsystems ist von entscheidender Bedeutung. Die Rolle der Zentralbank als «Lender of Last Resort» ist entscheidend. Sie kann in Zeiten der Krise eingreifen und den Banken Liquidität zur Verfügung stellen, wenn sie diese dringend benötigen. Das trägt zur Stabilisierung des Systems bei, da die Kunden wissen, dass im Notfall Massnahmen ergriffen werden können. Ein aktuelles Beispiel ist die Unterstützung der Credit Suisse im Frühjahr 2023 durch die Schweizerische Nationalbank.

Welche Lösungen gibt es, um Banken auch in Zukunft zu retten?

Adriel: Eine Möglichkeit besteht darin, die Eigenkapitalanforderungen für Banken zu erhöhen. Viele Banken haben im Vergleich zu anderen Unternehmen eine niedrigere Eigenkapitalquote. Dieses Ungleichgewicht ist problematisch, da Banken mit geringem Eigenkapital anfälliger für finanzielle Turbulenzen sind. Wenn das Eigenkapital nicht ausreicht, um Verluste abzudecken, kann dies dazu führen, dass eine Bank in Schwierigkeiten gerät und die finanzielle Stabilität gefährdet. Durch eine Anpassung der Eigenkapitalquote könnte das Risiko für den Staat verringert werden. Es ist auch denkbar, dass der Staat in der Zukunft Banken rekapitalisiert, um einen Bankrott zu verhindern, anstatt nur Liquidität bereitzustellen. Dies sind jedoch langfristige Ziele und erfordern umfassende Änderungen.

Subventionen und langfristige Lösungen

Adriel: Es gibt zwei Hauptwege, um Subventionen zu reduzieren und die finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Erstens könnten Banken ihre Eigenkapitalquoten erhöhen und weniger Schulden aufnehmen, um weniger anfällig für finanzielle Turbulenzen zu sein. Zweitens könnte die Zentralbank eine Art Versicherung anbieten, um die Liquidität im Notfall sicherzustellen, ohne die Risiken zu übernehmen. Beide Ansätze erfordern jedoch umfangreiche Veränderungen im Finanzsektor.

Vielen Dank, Adriel, für das spannende Gespräch.

Disclaimer: Wir haben für den Inhalt dieses Artikels grosse Sorgfalt angewendet. Trotzdem können wir Fehler nicht ausschliessen. Die Gültigkeit des Inhalts beschränkt sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Über den Autor

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Felix Niederer

Gründer und CEO True Wealth. Nach seinem ETH-Abschluss als Physiker war Felix erst mehrere Jahre in der Schweizer Industrie und darauf vier Jahre bei einer grossen Rückversicherung im Portfoliomanagement und in der Risikomodellierung tätig.

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