#56 Kurs-Gewinn-Verhältnis: Was bringt das KGV?
Eine zentrale Bewertungskennzahl am Aktienmarkt ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV. Wenn Sie Geld in Aktien oder Aktienfonds investieren, zahlen Sie einen bestimmten Preis. Doch wie lässt sich feststellen, ob dieser Preis angemessen ist? Genau hier setzt das KGV an.
Das KGV setzt den aktuellen Aktienkurs ins Verhältnis zum Gewinn eines Unternehmens. Es gibt Auskunft darüber, wie viel Anleger für einen Jahresgewinn eines Unternehmens zahlen. Kostet eine Aktie beispielsweise 100 Franken bei einem Jahresgewinn von 5 Franken, liegt das KGV bei 20 (100 geteilt durch 5). Der Aktienkurs sollte in einem gesunden Verhältnis zum erzielten Gewinn des Unternehmens stehen.
Grenzen des KGV
Allerdings ist die Betrachtung eines einzelnen Jahres oft wenig aussagekräftig. Spielräume in der Buchhaltung können den ausgewiesenen Gewinn beeinflussen: Unternehmen bilden Rückstellungen für zukünftige Kosten, schreiben Maschinen schneller ab oder treffen andere Vorsichtsmassnahmen. Diese führen zu einem tieferen Gewinn und somit zu einem höheren KGV. In der Realität kann eine vorsichtige Buchführung jedoch positiv zu bewerten sein.
Das Shiller-KGV: Zyklische Glättung
Um solche Verzerrungen zu glätten, hat der Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller das sogenannte zyklisch angepasste KGV entwickelt, auch Shiller-KGV oder CAPE (Cyclically Adjusted Price Earnings Ratio) genannt. Dabei wird der aktuelle Kurs durch den inflationsbereinigten Durchschnittsgewinn der vergangenen zehn Jahre geteilt. Diese Berechnung reduziert die Auswirkungen einzelner Ausnahmejahre oder kreativer Buchhaltung und glättet Konjunkturzyklen. Historisch schwankt das Shiller-KGV zwischen 5 und 45, wobei Werte unter 10 nur in Krisenzeiten auftreten sind, wenn das Vertrauen in die Wirtschaft erschüttert war.
Zukunftserwartungen berücksichtigen
Ein wichtiger Aspekt, der in der KGV-Betrachtung oft fehlt, ist der Blick in die Zukunft. Erwarten Anleger starkes Gewinnwachstum, sind sie bereit, heute mehr für eine Aktie zu bezahlen. Ein bekanntes Beispiel ist Tesla: Ende 2020 stieg das KGV auf über 1000, da viele Marktteilnehmer ein hohes zukünftiges Gewinnwachstum erwarteten. Im Gegensatz dazu wirkt ein Unternehmen wie Swisscom mit einem KGV um 20 auf den ersten Blick günstig, doch der Markt rechnet hier mit eher moderatem Wachstum.
KGV auf Indexebene
Das KGV kann auch auf ganze Indizes angewendet werden. So liegt der KGV des SPI im November 2025 bei rund 19, beeinflusst durch Schwergewichte wie Novartis, Roche und Nestlé, während der US-Technologieindex Nasdaq mit einem KGV von etwa 30 relativ hoch bewertet ist. Dies spiegelt die Erwartungen der Anleger an stark wachstumsorientierte Tech-Unternehmen wider.
Bedeutung für Anlegerinnen und Anleger
Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen? Erstens: Ein tiefes KGV allein ist kein ausreichender Grund, eine Aktie oder einen ETF zu kaufen. Vergleiche sollten immer innerhalb derselben Branche oder desselben Landes erfolgen. Zweitens: Es ist suboptimal, das gesamte Kapital in einen einzelnen ETF mit tiefem KGV zu investieren. Eine zu starke Konzentration schränkt die geografische Diversifikation ein und man verpasst Chancen in wachstumsstarken Bereichen. Darum erstellen wir bei True Wealth Portfolios aus ETF, die in verschiedene Länder, Branchen und Anlageklassen investieren.
Achten Sie beim Investieren auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis? Finden Sie, dass die Aktienmärkte aktuell überbewertet sind? Hinterlassen Sie uns einen Kommentar oder schreiben Sie mir eine E-Mail.
Über den Autor

Gründer und CEO True Wealth. Nach seinem ETH-Abschluss als Physiker war Felix erst mehrere Jahre in der Schweizer Industrie und darauf vier Jahre bei einer grossen Rückversicherung im Portfoliomanagement und in der Risikomodellierung tätig.

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