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Felix Niederer und Oliver Herren

«Treffen Sie keine Vorhersagen. Investieren Sie lieber passiv.»

Oliver Herren

Wer nur auf Gewinner setzt, wird verlieren

29.07.2015
Oliver Herren

Laufen Ihre Investments nicht ganz so gut, wie Sie das erwartet hätten? Dann liegt das vielleicht daran, dass Sie sich auf die Gewinner konzentriert haben.

Schaut man sich Investmentfonds an, so zeigen alle eine gute Performance über die letzten Jahre. Mischt man ein paar von ihnen zu einem Portfolio, so sollten in der Summe ansehnliche Renditen entstehen. Doch alle Anleger, die das in der Vergangenheit so gemacht haben, ahnen aus dem Bauch heraus, dass sie nicht ganz so ein gutes Geschäft gemacht haben. Zwischen Erwartung und Ergebnis liegt ein Unterschied. Warum eigentlich?

Gute Beispiele sind gefährlich

Vielleicht, weil sie sich zu sehr an den positiven Beispielen orientiert haben. Wie das die Ingenieure getan haben, die im Zweiten Weltkrieg für die Royal Air Force gearbeitet haben. Deren Bomber flogen fast täglich Einsätze über den Kanal, viele Flugzeuge kamen nie zurück, vermutlich abgeschossen. Die Ingenieure beschlossen, die Maschinen besser zu panzern. Damit die Flugzeuge insgesamt nicht zu schwer würden, mussten sie sich für wenige Stellen entscheiden. Also haben sie die Maschinen nach den Einsätzen genau angesehen, alle Einschusslöcher gezählt und vermessen. Und anschliessend genau dort gepanzert. Ohne Erfolg. Die Abschussquote blieb gleich hoch.

Dann kam der Mathematiker Abraham Wald und stellte das Denken auf den Kopf. Seine Empfehlung: «Panzert die Flugzeuge, wo sie keine Einschusslöcher haben. Denn die Einschusslöcher, die wir sehen, sind nicht fatal. Die Maschinen kommen ja zurück. Fatal sind nur solche Einschüsse, die wir nachher nicht mehr zu sehen bekommen.» Dieses Denken, endlich, hat geholfen.

Die britischen Ingenieure waren nicht allein, sie haben gedacht, wie fast alle Menschen denken. Für unsere Entscheidungen folgen wir gerne Beispielen, die gut ausgegangen sind. Seit dem Zweiten Weltkrieg nennen Statistiker diesen Denkfehler Survivorship Bias: Unser Hirn bevorzugt die Überlebenden. (Und es vergisst die, die Pech hatten.)

Unser Hirn sieht nur die Überlebenden

Könnte das der Grund sein, warum unsere Investments nicht so laufen, wie wir uns das erwartet hatten?

Auch Anlagefonds leben nicht unbegrenzt. Jahr für Jahr stellen Fonds den Betrieb ein. Gelegentlich einmal, weil sie richtig schlecht performen und geschlossen werden müssen. Meist aber eher, weil sie so lange so mässig performen, dass ihnen die Kunden davonlaufen. Die meisten Banken und andere Asset Manager schliessen regelmässig solche Fonds, in denen weniger als 100 Millionen Dollar angelegt sind – sie lassen sich nicht profitabel genug betreiben.

Wenn Sie einen Fonds auswählen wollen, dann sehen Sie nur die Überlebenden. Das macht ja auch Sinn. Warum sollte Ihnen ein Anbieter Fonds präsentieren, die es gar nicht mehr gibt?

Die Fonds zu ignorieren, die in den letzten Jahren geschlossen wurden, ist jedoch eine kostspielige Täuschung. Burton Malkiel hat in seiner Studie von 1995 als Erster präzise beziffert, wie kostspielig. Dafür hat er Preise von allen Aktienfonds gesammelt, die in den USA zwischen 1971 und 1991 zugelassen waren. Das waren insgesamt 239 Fonds. Dann hat er verglichen: ein Portfolio aus allen Fonds – und ein Portfolio nur aus solchen Fonds, die mindestens zehn der zwanzig Jahre überlebt haben.

Das Portfolio mit allen Fonds hat eine Rendite von 15,69 Prozent erreicht. (Zugegeben: aus heutiger Sicht eine Zahl, von der wir alle nur träumen können.) Das Portfolio hingegen, das ausschliesslich Überlebende enthält, hat 17,09 Prozent gebracht. Rückwirkend betrachtet entsteht durch den Survivorship Bias eine Lücke von 1,40 Prozent.

Keine Frage, dass wir alle am liebsten in das zweite Portfolio investiert gewesen wären. Doch hätten Sie vorhersehen können, welche Fonds überleben würden?

Unsichtbare Einschusslöcher bescheren dem Anleger 1,4 Prozent weniger Rendite. Wer daran wegen dem Survivorship Bias nicht im Voraus denkt, wird um genau diesen Betrag enttäuscht sein müssen. Das ist keine Erkenntnis, die begeistert. Aber immerhin wissen Sie jetzt, dass Sie Ihre Erwartungen zurückschneiden müssen.

Stellen Sie das Denken auf den Kopf

Dabei ist die Lösung simpel. Und sie tönt fast genau so paradox wie der Vorschlag von Abraham Wald, die unsichtbaren Löcher zu panzern. Sie lautet: Treffen Sie keine Vorhersagen. Passiv investieren lautet die Devise. So setzen Sie einfach auf alles und versuchen gar nicht erst, vorauszusagen was nützt und was nicht.

Heute gibt es eine Alternative zu aktiven Anlagefonds. Mit ETF können Sie auf fast jeden Index der Welt setzen. Der breite amerikanische Aktienindex S&P 500 hat während Malkiels Studie um 17,52 Prozent pro Jahr zugelegt – fast zwei Prozent mehr als das Portfolio mit allen Fonds.

Disclaimer: Wir haben für den Inhalt dieses Artikels grosse Sorgfalt angewendet. Trotzdem können wir Fehler nicht ausschliessen. Die Gültigkeit des Inhalts beschränkt sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Über den Autor

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Oliver Herren

Oliver ist einer der Gründer des grössten Online-Shops der Schweiz: digitec.ch und ebenfalls vom aufstrebenden Online-Warenhaus Galaxus. Zusammen mit Felix hat er 2013 True Wealth AG ins Leben gerufen.

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