7 Nachteile des Immobilienbesitzes

27.05.2025
Oliver Herren

Das Eigenheim birgt viele Probleme – insbesondere, wenn man es als Anlage betrachtet.

Gastkommentar von Oliver Herren zu den Gründen, warum er keine Immobilie besitzt und stattdessen bewegliches Vermögen klar bevorzugt.

Der Traum vieler Menschen sind die eigenen vier Wände. Es ist ein emotionales Thema. Weniger bekannt sind die Schattenseiten des Immobilienbesitzes. Diese gehen weit über den unpopulären Eigenmietwert heraus, also dem Versteuern eines Einkommens, das man gar nicht erzielt. Folgende sieben Mängel sind zu beachten:

1. Illiquide Anlage

Ein Eigenheim ist eine sehr illiquide Vermögensform. Braucht man Geld, kann man nicht einfach einen Teil davon verkaufen. Das Aufstocken der Hypothek ist mit Umtrieben und Kosten verbunden. Und eine höhere Belehnung seines Betongoldes ist oft gar nicht möglich. Viele Geschiedene und Rentner können davon ein Lied singen. Ihr Einkommen reicht häufig nicht aus, um die sogenannte Tragbarkeitsrechnung zu erfüllen. Sprich: Sie erhalten keinen zusätzlichen Kredit.

2. Klumpenrisiko

Wer sich ein Eigenheim überhaupt leisten kann, muss oft einen Grossteil seines Ersparten dafür aufwenden. Das Wort Immobilie sagt es bereits: Man ist immobil, an seine Scholle gebunden. Verändert sich das Umfeld, kann sich das negativ auf den Wert einer Liegenschaft auswirken. Steuererhöhungen in der Standortgemeinde, wachsender Verkehrslärm, Schattenwürfe neuer Gebäude in der Nachbarschaft, ein Abbau des Service Public oder ungebetene Geruchsemissionen der nahegelegenen Fabrik sind nur einige mögliche Ursachen für Wertminderungen.

3. Unterschätzte Zinsrisiken

Zu berücksichtigen sind die Zinsrisiken. Viele Hausbesitzer nutzen sogenannte Geldmarkt-Hypotheken, weil diese im Vergleich zu langlaufenden Festhypotheken günstig scheinen. Als Berechnungsbasis dafür dient der Geldmarktzins SARON (Swiss Average Rate Overnight). Aktuell bewegt sich dieser um 0.2 Prozent. Dazu kommt noch die Marge der Bank, beispielsweise 0.7 Prozent. Die gesamte Zinslast von 0.9 Prozent scheint für Hausbesitzer also relativ attraktiv. Der Haken: Es ist mit stark steigenden Wohnkosten zu rechnen, sollte die Nationalbank den Leitzins dereinst wieder erhöhen. Wer seine Zinskosten mittels Festhypothek langfristig fixiert hat, leidet zwar nicht unmittelbar unter steigenden Kapitalkosten. Dafür dürfte der Schock bei der Refinanzierung umso grösser sein.

4. Wenig Freiheit

Verändern sich die Lebensumstände, wird’s kompliziert. Als Mieter kann man seine Zelte rasch abbrechen, ist innert Monaten bei der Freundin eingezogen oder zieht in die Nähe des neuen Arbeitgebers. Eigenheimbesitzer müssen sich hingegen mit unflexiblen Hypothekarverträgen rumschlagen und sehen sich mit langwierigen und kostspieligen Verkaufsprozessen konfrontiert. Selbst wer einen teuren Makler beauftragt, kann vom Verkaufserlös enttäuscht werden. Zudem wird eine Grundstückgewinnsteuer fällig.

5. Ineffiziente Bewirtschaftung

Eigenheimbesitzer wissen: Gute und vor allem rasch verfügbare Handwerker sind rar und relativ teuer. Renovationen von grossen Immobilien hingegen sind viel effizienter, da gleich mehrere Wohnungen erneuert oder entsprechende Bauteile ersetzt werden können. Mieter können den Unterhalt an die Eigentümer delegieren. Beide profitieren dann direkt oder indirekt von Skaleneffekten. Eigenheimbesitzer hingegen müssen sich selbst darum kümmern und kommen nicht in den Genuss von Mengenrabatt.

Wohneigentum selbst zu verwalten ist in der heutigen spezialisierten Dienstleistungsgesellschaft schlichtweg anachronistisch.

6. Opportunitätskosten

Wer sein Kapital nicht in einer Immobilie bindet, kann die Vorteile des beweglichen Vermögens nutzen. Ein breit diversifiziertes Portfolio von Wertschriften bringt eine hervorragende Risikostreuung. Wer dabei Aktien oder entsprechende Indexfonds übergewichtet, darf langfristig mit einer erklecklichen Rendite rechnen. So beträgt die jährliche Gesamtrendite von Schweizer Aktien 7.7 Prozent. Diese Zahl hat die Bank Pictet für den sehr langen und darum repräsentativen Zeitraum seit 1926 bis Ende 2024 errechnet. Selbst unter Abzug der Teuerung bleibt mit Aktien eine Realrendite von 5.6 Prozent – mehr als mit Schweizer Immobilien.

Und Achtung! Promotoren von Immobilien werben oft mit der vermeintlich attraktiven Eigenkapitalrendite. Sie bietet in diesem Fall keinen fairen Vergleich. Denn auch die Renditen am Aktienmarkt könnten mit dem Einsatz von relativ günstigem Fremdkapital gehebelt werden. In den allermeisten Fällen ist davon jedoch abzuraten. Denn Hebel bedeutet Risiko. Aktienkurse können sinken. Bleibt die zu tilgende Schuld gleich gross, schmilzt das eingesetzte Eigenkapital überproportional zum Wertverlust der Anlagen. Genau dasselbe gilt für ein belehntes Haus.

7. Randregionen gefährdet

«Lage, Lage, Lage» lautet die Leitmaxime der Immobilienwelt. Die Unterschiede sind gewaltig. Wer ein gut unterhaltenes Haus in einem ruhigen und gut erschlossenen Quartier in der Stadt Zürich hat, wird sich kaum über ausbleibende Aufwertungsgewinne beklagen – allenfalls über die erhöhte Steuerlast, die daraus resultiert. Die Freude der Eigentümer ist das Leid der potenziellen Käufer. Für viele sind solche Objekte schlicht unerschwinglich.

Und in weniger pulsierenden Regionen mit erhöhten Leerstandsquoten sind Immobilien wahre Wertvernichter. Die Schweiz kennt viele abgelegene Regionen, etwa im Jura, im Berner Oberland, im Oberwallis, im Napfgebiet, in Teilen des Tessins und des Bündnerlands. Sie leiden unter hoher Abwanderung und schrumpfender Bevölkerung. Gibt es keine Arbeit, verlassen junge Leute die Dörfer. Zurück bleiben Rentner, oft mit wenig Mittel für den erforderlichen Unterhalt ihrer Häuser. Verlassen auch sie das Dorf, weil sie ins Altersheim ziehen oder sterben, hinterlassen sie oftmals wertlose Ruinen. Zeugen eines überholten Konzepts der Geldanlage.

Disclaimer: Wir haben für den Inhalt dieses Artikels grosse Sorgfalt angewendet. Trotzdem können wir Fehler nicht ausschliessen. Die Gültigkeit des Inhalts beschränkt sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Über den Autor

Oliver Herren
Oliver Herren

Oliver ist einer der Gründer der grössten Online-Shops der Schweiz: Dem Online-Warenhaus Galaxus und dem Elektronikspezialisten Digitec. Zusammen mit Felix hat er 2013 True Wealth AG ins Leben gerufen.

Laptop

Bereit zu investieren?

Konto eröffnen

Sie wissen nicht, wo Sie anfangen sollen? Eröffnen Sie jetzt ein Testkonto und wandeln Sie es später in ein echtes Konto um.

Testkonto eröffnen
Phone