
Berufliche Vorsorge im Lebensverlauf
BVG-Serie Teil II
Was ist in den unterschiedlichen Lebenssituationen zu beachten, wann lohnt sich ein Einkauf in die Pensionskasse besonders und wann kommen Freizügigkeitskonten zum Zug?
Wie das Schweizer Vorsorgesystem grundsätzlich funktioniert und wie es finanziert ist, haben wir in unserem Blog «Berufliche Vorsorge (BVG) einfach erklärt» beschrieben. Schauen wir nun genauer an, was mit dem Vorsorgevermögen der zweiten Säule in unterschiedlichen Abschnitten des Lebens geschieht und wie Versicherte die zweite Säule optimieren können.
Was passiert bei einem Stellenwechsel?
Endet ein Arbeitsverhältnis, ist die bestehende Pensionskasse verpflichtet, das Alterskapital für mindestens sechs weitere Monate zu verwalten und zumindest den obligatorischen Teil mit dem BVG-Mindestsatz von 1.25 Prozent zu verzinsen. Wer aktiv auf Stellensuche ist, sollte daher sein Geld möglichst lange in seiner alten Pensionskasse lassen.
Wer in dieser Zeit einen neuen Arbeitgeber findet oder seine Erwerbstätigkeit aus eigenen Stücken pausiert, muss die alte PK mit der Überweisung des Vorsorgeguthabens an die neue Kasse beauftragen. So will es das Freizügigkeitsgesetz.
Wer hingegen keine neue Stelle findet, sollte das Geld in aller Regel nach sechs Monaten an eine Freizügigkeitsstiftung überweisen lassen – auch wenn die PK das Geld rein rechtlich für zwei Jahre weiter verwalten könnte. In der Freizügigkeitseinrichtung bleibt das Guthaben im Rahmen der zweiten Säule gebunden, bis eine neue PK gefunden ist oder ein Bezug erfolgt, was unter bestimmten Voraussetzung auch vor der Pensionierung möglich ist.
Was ist bei einem Freizügigkeitskonto zu beachten?
Wer auf Stellensuche ist, sollte sein Geld nach sechs Monaten auf ein Freizügigkeitskonto überweisen lassen. Zwar wäre es der Pensionskasse erlaubt, das Altersguthaben für maximal zwei Jahre zu verwalten und zu verzinsen. Aber das ist in der Praxis selten der Fall.
Ohne Instruktion der versicherten Person überweisen die meisten Kassen das Geld nach einem halben Jahr auf ein Freizügigkeitskonto der sogenannten Auffangeinrichtung. Die als Stiftung organisierte Non-Profit-Organisation handelt im Auftrag des Bundes und funktioniert als Auffangnetz der beruflichen Vorsorge. Sie versichert alle anschlusswilligen Arbeitgeber und Einzelpersonen in der obligatorischen beruflichen Vorsorge und führt Freizügigkeitskonten. Allerdings ist der Zins mit 0.2 Prozent sehr tief. Zwar zahlen Freizügigkeitskonten privater Anbieter nicht viel mehr (maximal 0.6 Prozent, Stand: September 2025), aber der Anlagehorizont ist bei aktiver Stellensuche schlicht zu kurz, um dieses Geld in Wertschriften anzulegen. Ein Börsenkrach während der Jobsuche könnte das Altersguthaben empfindlich schmälern.
Abgesehen vom Zinsertrag sollte man vor der Überweisung an eine Freizügigkeitsstiftung abklären, ob Kontoführungs- oder Saldierungsgebühren anfallen. Die meisten Freizügigkeitsstiftungen verzichten darauf. Es lohnt sich also, darauf zu achten, sonst können durchaus dreistellige Frankenbeträge an Kosten anfallen.
Ein Transfer von einer Freizügigkeitsstiftung zur anderen ist jederzeit und ohne Steuerfolgen möglich.
Wer eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnimmt oder eine mehrjährige Auszeit plant, sollte sein Freizügigkeitsgeld an den Kapitalmärkten arbeiten lassen, also in Wertschriften anlegen. Dabei ist darauf zu achten, dass die jährlichen Gesamtkosten unter einem Prozent liegen.
Austretende Angestellte können ihr Altersguthaben an zwei verschiedene Freizügigkeitsstiftungen überweisen lassen. Das eröffnet später die Möglichkeit, das Geld in zwei unterschiedlichen Jahren zu beziehen, was eine Steuerersparnis bringt.
Kann ich freiwillig in die Pensionskasse einzahlen?
Eine Voraussetzung ist, dass überhaupt ein Einkaufspotenzial besteht. In aller Regel ist dieses auf dem PK-Ausweis ersichtlich. Es entsteht, wenn das aktuelle Guthaben tiefer ist als jenes, das eine versicherte Person haben könnte, wenn sie schon immer so viel verdient hätte wie heute. Abgesehen von einer Pensum- oder Lohnerhöhung gibt es weitere Gründe für allfällige Lücken, etwa Auszeiten wegen Auslandaufenthalt, Babypause oder Ausbildung.
Versicherte, die der Pensionskasse zuvor Geld für den Kauf von Wohneigentum entnommen haben, müssen diesen WEF-Vorbezug zuerst zurückzahlen, bevor sie ihr Einkaufspotential nutzen können. Wichtig: Mit dem Beleg der Rückzahlung lässt sich beim lokalen Steueramt die einst gezahlte Kapitalleistungssteuer zurückfordern.
Eine interessante Konstellation ergibt sich bei zugewanderten Erwerbstätigen. Weil sie zuvor noch gar nicht in einer Schweizer Pensionskasse versichert waren, hätten sie theoretisch ein grosses Einkaufspotenzial. In der Praxis ist der jährliche Einkaufsbeitrag jedoch auf ein Fünftel des versicherten Lohns begrenzt.
Hinweis: Ein Einkauf erhöht das Vorsorgeguthaben und die Altersrente, falls man sich dafür entscheidet. Ob ein Einkauf auch die Risikoleistungen verbessert, ist gesetzlich nicht garantiert, weil der freiwillig eingezahlte Betrag im Überobligatorium landet. Ob die Hinterbliebenen vom Einkauf einer verstorbenen Person profitieren, steht im PK-Reglement.
Lohnt sich ein PK-Einkauf?
Ein Einkauf ist eine freiwillige Einzahlung in die Pensionskasse. Dieses Geld landet im sogenannten Überobligatorium, wo es keine gesetzliche Mindestverzinsung gibt. Es kann also gut sein, dass man – trotz Steuerabzug beim Einkauf – besser fährt, wenn man denselben Betrag im Rahmen des freien Vermögens am Aktienmarkt anlegt.
Je näher das Rentenalter rückt, desto empfehlenswerter ist ein Einkauf. Einerseits ist dann bereits relativ gut absehbar, dass die PK gesund bleibt. Andererseits gibt es steuerliche Vorteile (siehe unten).
Eine Faustregel sagt, dass sich ein Einkauf vor dem 50. Geburtstag nicht lohnt. Grund: Die durchschnittliche, langfristige Verzinsung in der Pensionskasse liegt unter drei Prozent pro Jahr. Etwa doppelt so viel bringt ein breit-diversifiziertes Aktienportfolio. Der dafür nötige Anlagehorizont ist im erwähnten Alter gegeben. Selbst unter Berücksichtigung des Steuerabzugs beim Einkauf übertrifft die mögliche Rendite im freien Vermögen jene der PK.
Worauf ist beim Einkauf zu achten?
Wichtig: Man sollte sich nur in eine gesunde Pensionskasse einkaufen. Ein Indiz dafür ist der sogenannte Deckungsgrad. Ein wichtiger Indikator ist auch die Altersstruktur einer Kasse. Wo nur zwei Aktive einem Rentner gegenüber stehen, sollte man auf einen Einkauf verzichten. Ein zu hoher Anteil an Rentnern erhöht die finanzielle Belastung der Kasse und kann zu Unterdeckungen oder Sanierungsbeiträgen führen.
Zudem gilt eine dreijährige Sperrfrist nach einem Einkauf. Wer sein Alterskapital (oder ein Teil davon) bei seiner Pensionierung am 1. Juli 2030 beziehen möchte, muss seinen letzten Einkauf per Ende Juni 2027 getätigt haben. Wer sich hingegen für die Rente entscheidet, kann sich auch im letzten Jahr vor der Pensionierung noch einkaufen.
Wie lässt sich mit einem Einkauf die Steuern optimieren?
Wer ein hohes Einkaufspotenzial und die entsprechenden Mittel fürs Füllen dieser Lücke hat, sollte die vollumfänglich vom steuerbaren Einkommen abziehbaren Einkäufe über mehrere Jahre staffeln. Das bricht die Steuerprogression, optimiert die Steuerlast also gleich für mehrere Jahre.
Der Steuerabzug beim freiwilligen Einzahlen ist ein wesentlicher Bestandteil der Rendite eines Einkaufs. Je weniger Jahre bis zur Pensionierung noch vergehen, also den Steuervorteil verwässern, desto höher ist die Jahresrendite. Dazu ein Beispiel für einen Durchschnittsverdiener mit einem Grenzsteuersatz von 25 Prozent:
- Kauft er sich im Alter 55 in seine Pensionskasse ein, die sein Guthaben pro Jahr mit 1.5 Prozent verzinst, bringt sein Einkauf bis zur ordentlichen Pensionierung eine Jahresrendite von knapp 4.5 Prozent.
- Kauft er sich hingegen erst im Alter 60 mit demselben Betrag ein, erzielt er eine Jahresrendite von 7.5 Prozent.
In beiden Fällen wurde die Kapitalleistungssteuer nicht berücksichtigt. Wie der Name sagt, kommt diese nur zum Zug, wenn man bei der Pensionierung das Kapital bezieht. Wer sich gegen den Kapitalbezug entscheidet, muss hingegen die Rente jährlich als Einkommen versteuern.
Was passiert bei einer Scheidung?
Geht eine Ehe in die Brüche, ermitteln die Pensionskassen der Geschiedenen, wie hoch die gesamten Gutschriften während der Ehe waren und verteilen diese in der Regel je hälftig. Dazu ein Beispiel: Betragen die Gutschriften des Ehemanns in dieser Zeit 200'000 und jene der Ehefrau 100'000 Franken, gibt es für beide 150'000 Franken. Sprich: Die PK des Ehemannes muss der PK der Ehefrau 50'000 Franken überweisen, die ihrem Vorsorgevermögen gutgeschrieben werden.
Was passiert im Todes- oder Invaliditätsfall?
Im Todesfall erhält eine Witwe oder ein Witwer aus der Pensionskasse 60 Prozent der maximalen Altersrente des Verstorbenen. Dies gilt aber nur, wenn der überlebende Ehegatte entweder älter als 45 Jahre ist und mindestens fünf Jahre verheiratet war oder für ein minderjähriges Kind aufkommen muss. Pro Waisenkind kommen 20 Prozent der maximalen Altersrente hinzu. Wer keinen Anspruch auf eine Witwenrente hat, erhält eine einmalige Abfindung in Höhe von drei Jahresrenten.
Wichtig: Alterskapital in der zweiten Säule unterliegt nicht dem Erbrecht, sondern dem Vorsorgerecht. Sobald jedoch Vorsorgekapital ausgezahlt wurde, ist es freies Vermögen. Und dieses unterliegt im Todesfall den erbrechtlichen Bestimmungen.
Ebenfalls 60 Prozent der Altersrente gibt es im Fall einer Invalidität. Wer unterhaltspflichtige Kinder hat, erhält pro Kind zusätzlich 20 Prozent dieser ordentlichen IV-Rente.
In aller Regel sind das angesparte Guthaben und die Risikoleistungen im Pensionskassenausweis ersichtlich. Weiterführende Auskünfte sind im Pensionskassenreglement zu finden, das man direkt bei der Kasse oder beim Arbeitgeber beziehen kann.
Über den Autor

Founder and CEO of True Wealth. After graduating from the Swiss Federal Institute of Technology (ETH) as a physicist, Felix first spent several years in Swiss industry and then four years with a major reinsurance company in portfolio management and risk modeling.

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