#54 Survivorship Bias: Nur überlebende Fonds schreiben Geschichte
Der sogenannte Survivorship Bias – die Verzerrung zugunsten der Überlebenden – ist ein verbreiteter Denkfehler, der dazu führt, dass wir Erfolge überschätzen und Fehlschläge ausblenden. Beim Anlegen kann dieser Effekt zu falschen Entscheidungen führen.
Der Begriff «Survivorship Bias» stammt aus dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Marine untersuchte damals die Flugzeuge, die aus Kampfeinsätzen zurückkehrten, um festzustellen, welche Stellen die meisten Einschusslöcher aufweisen. Die naheliegende Idee: genau diese Bereiche besser zu panzern.
Der Statistiker Abraham Wald riet jedoch, die Flugzeuge an den Motoren besser zu panzern. Dort hatten die Flugzeuge, die zurückgekommen waren, nämlich keine Einschusslöcher. Die, deren Motoren getroffen wurden, sind nämlich abgestürzt und konnten gar nicht erst untersucht werden.
Was die Militärs also nicht bedacht haben, ist, dass die abgeschossenen Flugzeuge gar nicht in ihre Statistik aufgenommen wurden. Und seither spricht man in der Statistik von «Survivorship Bias». Es ist ein Fehler, wenn man nur die Überlebenden analysiert.
Wie der Bias Fondsstatistiken verzerrt
Was für Flugzeuge galt, trifft auch auf Anlageprodukte zu. Viele Fonds «stürzen ab», wenn ihre Performance über längere Zeit hinter dem Benchmark zurückbleibt. Sie werden geschlossen oder mit anderen Fonds fusioniert – und verschwinden so aus den offiziellen Auswertungen.
In den Renditevergleichen bleiben dann nur die erfolgreichen Produkte sichtbar. Fondsgesellschaften verweisen naturgemäss lieber auf jene Fonds, die sich besonders gut entwickelt haben. Daher hat jedes Fondsunternehmen immer eine ganze Reihe von Fonds im Angebot. Einer oder zwei werden immer funktionieren.
So entsteht der Eindruck, aktiv verwaltete Fonds könnten regelmässig den Markt schlagen. In Wahrheit zeigt die Statistik aber nur die Überlebenden. Wären Fondsgesellschaften verpflichtet, auch die Renditen ihrer geschlossenen Produkte offenzulegen, würde das Bild deutlich weniger glänzend ausfallen.
Auch ETF bleiben nicht verschont
Selbst bei ETF spielt dieser Effekt eine Rolle. Der Markt bietet unzählige Themenfonds – von Cannabis über seltene Erden bis hin zu Smart Beta, Equal Weighted, Momentum oder Low Volatility. Und auch beim nachhaltigen Investieren gibt es «Fifty Shades of Green». Irgendetwas läuft immer gerade gut – und genau diese Produkte werden dann besonders beworben.
Doch die vergangene Performance ist kein verlässlicher Indikator für zukünftige Renditen. Nur weil sich ein Fonds oder ETF in der Vergangenheit gut entwickelt hat, bedeutet das nicht, dass dies auch künftig der Fall sein wird.
Dieser Denkfehler begegnet uns auch im Alltag. Wenn Freunde oder Bekannte von ihren erfolgreichen Aktien- oder Krypto-Investitionen berichten, können Sie davon ausgehen, dass sie Ihnen den einen oder anderen Misserfolg verschwiegen haben.
Haben Sie jemals aufgrund des «Survivorship Bias» Geld verloren? Wenn ja, würde ich gerne Ihre Geschichte hören. Schreiben Sie mir eine E-Mail mit Ihren Erfahrungen.
Über den Autor

Gründer und CEO True Wealth. Nach seinem ETH-Abschluss als Physiker war Felix erst mehrere Jahre in der Schweizer Industrie und darauf vier Jahre bei einer grossen Rückversicherung im Portfoliomanagement und in der Risikomodellierung tätig.

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