Ob Zinseszins, ETF oder Risiko-Rendite-Zusammenhang – unser Alltag ist voller Finanzentscheidungen. Doch wie gut versteht die Bevölkerung die Mechanismen hinter Geldanlagen wirklich? Der True Wealth Finanzkompetenzindex 2025 liefert Antworten: Er zeigt, wo Wissen vorhanden ist, wo Lücken bestehen – und welche Faktoren wie Bildung, Einkommen, Alter oder Sprachregion die Finanzkompetenz prägen. Die Ergebnisse offenbaren deutliche Unterschiede, überraschende Zusammenhänge und einen klaren Auftrag: Finanzbildung ist kein Nice-to-have, sondern eine Schlüsselkompetenz für die Zukunft.
Die Ergebnisse der aktuellen Erhebung bestätigen erneut deutliche geschlechterspezifische Unterschiede im Finanzwissen. Im Durchschnitt beantworteten männliche Teilnehmende rund 63% (bzw. 6.2 von 10 Fragen) der Fragen korrekt, während der entsprechende Wert bei weiblichen Teilnehmenden bei knapp 46% lag. Männer schnitten bei allen zehn Fragen besser ab als Frauen.
Auffällig ist zudem die signifikant höhere Zahl an «Weiss nicht»-Antworten unter Frauen – ein Muster, das bereits in der letztjährigen Erhebung beobachtet wurde und auch durch internationale Studien gestützt wird. Die Forschung führt dieses Verhalten teilweise auf ein geringeres Selbstvertrauen von Frauen in Bezug auf ihre finanziellen Fähigkeiten zurück. Schätzungen zufolge ist etwa ein Drittel der geschlechterspezifischen Unterschiede in der Finanzkompetenz auf geringeres Selbstvertrauen zurückzuführen.
In der Gesamtauswertung lässt sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Alter der Befragten und dem Niveau der Finanzkompetenz feststellen. Über alle Altersgruppen hinweg liegt der durchschnittliche Anteil korrekt beantworteter Fragen bei rund 54%.
Allerdings treten bei einzelnen Fragestellungen altersabhängige Unterschiede zutage. So erzielten ältere Teilnehmende bei Fragen zum Zusammenhang zwischen Risiko und erwarteter Rendite bessere Ergebnisse. Umgekehrt schnitten jüngere Befragte bei der Frage zum sogenannten Herdenverhalten – also dem Einfluss medialer Aufmerksamkeit auf Anlageentscheidungen – besser ab. Diese Befunde könnten darauf hindeuten, dass altersbezogene Erfahrungen und Mediengewohnheiten das Verständnis spezifischer Finanzkonzepte selektiv beeinflussen.
Die Analyse zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen dem monatlichen Bruttoeinkommen und der Finanzkompetenz: Je höher das Einkommen, desto mehr Fragen wurden im Durchschnitt richtig beantwortet. Personen mit einem Einkommen von über 15’000 Franken erreichten eine durchschnittliche Richtigkeitsquote von knapp 69%, während Teilnehmende mit einem Einkommen unter 4’500 Franken lediglich rund 41% der Fragen richtig beantworten konnten.
Diese Ergebnisse werfen die grundlegende Frage auf: Führt höheres Einkommen zu höherer Finanzkompetenz – oder ist es umgekehrt? Die empirische Forschung, insbesondere die vielzitierte Studie von Annamaria Lusardi und Olivia S. Mitchell (2014) mit dem Titel «The Economic Importance of Financial Literacy: Theory and Evidence», liefert eine differenzierte Antwort. Ihre Analysen belegen, dass Finanzkompetenz nicht nur mit höherem Einkommen korreliert, sondern auch ein kausaler Treiber ökonomischen Erfolgs ist. Menschen mit fundiertem Finanzwissen treffen fundiertere Entscheidungen, was langfristig zu stabileren Einkommen und höherer Vermögensbildung führt.
Die wechselseitige Beziehung zwischen Einkommen und Finanzkompetenz macht deutlich, dass finanzielle Bildung nicht dem Zufall überlassen werden darf. Besonders bei Personen mit geringer formaler Bildung oder niedrigem Einkommen können gezielte Bildungsinitiativen erhebliche Wirkungen entfalten. Finanzbildung sollte integraler Bestandteil der öffentlichen Bildungspolitik sein, da sie langfristig zu höherer wirtschaftlicher Resilienz und sozialer Mobilität beiträgt.
Die Analyse offenbart markante Unterschiede in der Finanzkompetenz in Abhängigkeit vom Bildungsniveau. Personen mit tieferer Schulbildung beantworteten im Durchschnitt lediglich 37.5% der Fragen korrekt, während der Anteil bei Befragten mit höherer Bildung bei 64.8% lag.
Auffällig ist zudem, dass Teilnehmende mit geringerer Bildung signifikant häufiger mit «Weiss nicht» antworteten – ein möglicher Hinweis darauf, dass sich Bildungsunterschiede nicht nur im konkreten Wissen, sondern auch im Ausmass der Unsicherheit und im Vertrauen in die eigenen finanziellen Fähigkeiten manifestieren.
Der regionale Unterschied in der Finanzkompetenz bleibt bestehen. In der Deutschschweiz beantworteten die Befragten im Durchschnitt 56.8% der Fragen korrekt, während dieser Wert in der Westschweiz bei 47% liegt.
Zwar lagen beide Regionen bei grundlegenden Konzepten wie dem Zinseszins nahezu gleichauf, doch bei komplexeren Verständnisfragen traten deutliche Differenzen zutage. So wussten 72.7% der Befragten aus der Deutschschweiz, dass eine Geldanlage mit höheren Ertragserwartungen in der Regel auch mit einem höheren Risiko verbunden ist. In der Westschweiz konnten hingegen nur 56.2% der Teilnehmenden die Beziehung zwischen Risiko und Rendite korrekt einordnen.
Auch das Verständnis von Exchange Traded Funds (ETF) ist in der Westschweiz deutlich weniger verbreitet als in der Deutschschweiz. Lediglich 18.6% der Befragten aus der Romandie konnten die zentralen Vorteile von ETF (Sie haben im Allgemeinen niedrigere Gebühren und Kosten) korrekt benennen. Bemerkenswert ist, dass über die Hälfte der Westschweizer Teilnehmenden auf diese Frage mit «Weiss nicht» antworteten – ein Indiz für eine Wissenslücke im Bereich der passiven Anlageform.
In der Deutschschweiz hingegen zeigte sich ein signifikant höheres Wissensniveau: Rund ein Drittel der Befragten konnte die Vorteile von ETF richtig einordnen. Dieser Unterschied dürfte unter anderem mit den unterschiedlichen Anlagepräferenzen in den beiden Sprachregionen zusammenhängen. So zeigt unsere ETF-Studie 2025, dass Personen in der Deutschschweiz deutlich häufiger in ETF investieren als ihre Pendants in der Westschweiz. Dieser Befund könnte auf bessere Kenntnisse über das Anlageinstrument und auf unterschiedliche Informationskanäle hinweisen.
Die finanzielle Allgemeinbildung der Schweizer Bevölkerung liegt 2025 mit 5.43 Punkten auf einem mittleren Niveau. Die Punktzahl bedeutet, dass die Befragten 54% der Fragen korrekt beantworten konnten. Zugegeben: Nicht jeder muss sich leidenschaftlich für Finanz- und Anlagethemen interessieren.
Doch wer die grundlegenden Prinzipien des Umgangs mit Geld nicht kennt, kann langfristig keine guten Entscheidungen treffen – und damit auch keine Verantwortung für die eigene finanzielle Zukunft übernehmen.
Mit der zweiten Ausgabe des True Wealth Finanzkompetenzindex liegt nun ein Instrument vor, das nicht nur den aktuellen Wissensstand misst, sondern auch die Grundlage für langfristige Beobachtungen schafft. Künftige Erhebungen werden zeigen, wie sich die Finanzkompetenz in der Schweiz entwickelt. Die Ergebnisse der ersten Erhebung aus dem Jahr 2024 finden Sie hier.
Der True Wealth Finanzkompetenzindex misst das Finanz- und Anlagewissen der Schweizer Bevölkerung und erlaubt eine detailliertere Analyse nach soziodemografischen Merkmalen.
Michael J. Kendzia ist Programmdirektor für den Bachelor in International Management an der ZHAW School of Management and Law. Er studierte Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln und der Warsaw School of Economics und promovierte 2010 an der Universität Köln.
Die GfK Switzerland AG (bis Dezember 2008 IHA-GfK AG) mit Sitz in Rotkreuz ist das grösste Marktforschungsinstitut der Schweiz. Seit 1999 gehört es zur deutschen GfK Gruppe in Nürnberg, einem der fünf grössten Marktforschungsunternehmen der Welt.
True Wealth wurde 2013 von Oliver Herren, Mitgründer der Digitec Galaxus AG, und Felix Niederer, Physiker und Portfoliomanager, gegründet. Die Online-Plattform hat sämtliche Prozesse der modernen Vermögensverwaltung konsequent automatisiert und bietet ihren Kundinnen und Kunden mit Domizil Schweiz eine kostengünstige Vermögensverwaltungslösung. Das Unternehmen verwaltet Kundenvermögen in Höhe von mehr als 2 Milliarden Schweizer Franken, verteilt auf über 35’000 Kundenbeziehungen.
Gerne beantworten wir Ihre Presseanfragen und allgemeine Fragen zum Finanzkompetenzindex.